Das A und O des Wetters

Wetter kurz erklärt

Text und Fotos: Sebastian Wache, WetterWelt Kiel

A wie Anemometer bis O wie Omegawetterlage. Das sind zwei der Begriffe, die das Wetter ausmachen und ein fünfjähriges Meteorologiestudium füllen. Doch das Wetter begreifbar, verständlich und für jeden erlernbar zu machen, ist mein tägliches Ziel. Besonders für Seglerinnen und Segler. Hier verbinden sich Wettertheorie und die Erfahrung, das Gelernte direkt draußen in der Natur erleben und das Wissen anwenden zu können.

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wetter profil Sebastian Wache, Diplom- und Medien-Meteorologe beim NDR. Als Wetter-Rou­ter für Segler bereits tau­sende Meilen im Kielwasser „mitgesegelt“. Selbst ist er aber auch aktiv auf dem Wasser und mit eigenem Boot regelmäßig auf der Kieler Förde und der Ost­see unterwegs.

 

Man sollte immer mit der Großwetterlage beginnen. Zunächst mit der Analyse einer sogenannten Bodendruckkarte, die verrät, was in meiner Region über meinem Kopf aktuell gemessen wurde. Ich weiß nun, wo Hochs und Tiefs sowie den Tiefs zugehörige Fronten bezogen auf meinen Standort liegen. Doch die Wetterlage verändert sich stetig. Daher muss ich natürlich wissen, was mich in den kommenden Stunden oder Tagen noch erwartet. Denn nichts ist so dynamisch wie die Verlagerung von Wettersystemen. Zur Hilfe kommen hier die Vorhersagekarten. Dazu reichen auch die normalen Bodendruckkarten aus, die jeder Segler kennen sollte. Auch hier wird die Luftdruckverteilung mithilfe von Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks) gezeigt. Aber eben für die Zukunft. Zwar basiert diese Darstellung nur auf einem Modell, doch für die kommenden drei bis fünf Tage ist die Zuverlässigkeit bei allen Modellen in der Gesamtbetrachtung der Wetterlage meist sehr gut erfasst. Mit dem Wissen, dass der Wind auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn um ein Hoch aus dem Hochzentrum heraus- und gegen den Uhrzeigersinn in ein Tief hineinweht, kann ich auf diese Karten bereits die Windrichtung an die Isobaren malen. Je enger diese Linien werden, desto stärker weht hier der Wind. In unseren Breiten von ca. 50 bis 60°Nord kann man bei einem Abstand von 300 Seemeilen zwischen den Linien von einer Windstärke mit drei bis vier Beaufort ausgehen. Bei einem Abstand von nur 100 Seemeilen sind es bereits sechs bis sieben Beaufort.

Frontensysteme erkennen

Sehe ich nun noch Linien mit Halbkreisen oder Zacken oder beides, wie sie die Isobaren kreuzen, dann sind das dem Tief zugehörige Fronten. Sie trennen warme und kalte Luftmassen von­einander. Hinter einer sogenannten Warmfront strömt warme Luft ein. Hinter einer Kaltfront ersetzt dagegen kalte Luft die vorderseitig mildere. Und bei einer Okklusion ist es ebenfalls dahinter meist kälter als vor ihr. Somit weiß ich nun schon, welche Temperaturunterschiede mich erwarten, sollte solch eine Linie über mei­nen Standort ziehen wollen. Allerdings unterscheiden sich die Fronten in ihrer Wetterakti­vität. Während eine Warmfront sehr langsam zieht und die wärmere Luft leichter ist, kann diese gemächlich auf der vor ihr liegenden kalten aufgleiten. Somit bilden sich auch eher schichtartige Wolken, die meist flächendeckenden gemäßigten Regen bringen. So lange, bis die warmen Luftmassen auch am Boden angekommen sind und sich die Atmosphäre wieder stabilisiert.

Wetterwelt 2022 07 29 Europa typische Hochdrucklage im Sommer Wetterwelt 2022 09 09 Europa Ankunft eines Tiefs mit Fronten
2022 07 29 Europa typische Hochdrucklage im Sommer 2022 09 09 Europa Ankunft eines Tiefs mit Fronten

Turbulenzen in der Atmosphäre

Deutlich interessanter und vor allem in den Sommermonaten gefährlicher sind die Kaltfronten. Da sie um einiges schneller ziehen, überholt sich die kalte Luft in der Höhe wegen der geringeren Reibung selbst. In der Höhe läuft die kalte Luft also sich selbst voraus und überströmt die noch am Boden befindliche warme. Dies ist dann ein Zustand in der Atmosphäre, den wir labil nennen und den die Natur so gar nicht mag. Kalte und schwere Luft liegt über leichterer und wärmerer. Der Ausgleich dieses Gegensatzes erfolgt sofort, indem die kalte Luft nach unten rauscht und die wärmere, die auch noch etwas mehr Feuchtigkeit speichern kann, nach oben jagt. Explosionsartig bilden sich quellartige Wolken, die in ihrer stärksten Ausprägung die berühmten Cumulonimbuswolken mit ihrem charakteristischen Amboss bilden. Auch sind vor ihnen sogenannte Arcuswolken oder Böenwalzen möglich. Es herrscht also sehr viel Turbulenz in der Atmosphäre vor, die sich in Form von kräftigen Schauern, schweren Gewittern, Hagel oder Graupel und auch Sturmböen bis hin zu Orkanböen zeigen kann. Auch Wasserhosen (Tornados auf dem Wasser) sind dabei möglich. Kaltfronten bringen somit oft das stärkste Wetter mit, was man sich auf der Nord- und Ostsee vorstellen kann.

Da haben wir dann zum Schluss noch die Okklusionsfront. Diese zeigt sich auf der Wetterkarte, wenn sich die warme und kalte Luft schon getroffen und somit vermischt haben. Da sie meist noch etwas kühlere Luftmassen mitbringt, sind die Wetterbe­dingungen meist ähnlich wie an der Kaltfront mit Schauern und Gewittern sowie starken Böen, doch oft etwas moderater in der Ausprägung. Und das ist auch schon alles an Basiswissen, was ich als Segler brauche, um sauber arbeiten und planen zu können.

Details zum Ablesen

Will ich noch etwas mehr Detailwissen haben, denn gibt es mittlerweile auch Instrumente wie zum Beispiel die Software SEAMAN PRO, die mir das, was ich auf der Bodendruckkarte sehe und erahnen kann, direkt für meine Region oder Strecke überset­zen. Ich kann also mit beispielsweise GRIB-Daten ablesen, wie viel Druck in der kommenden Front steckt, wann genau der Winddreher erfolgt und noch mehr. Denn GRIB-Daten sind das weltweit universelle Format, um Informationen zum Wetter sowie auch über Seegang und Strömungen zu speichern und anzuzeigen.


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